Industrie 4.0 bringt virtuelle und erweiterte Realität in Unternehmen

DESIGN REVIEW

Durch AR- und VR-Technologien kann ein Produkt bereits in seiner Konzeptionsphase in Echtgröße und mit natürlicher Interaktion betrachtet werden, noch bevor der erste Prototyp gebaut wird. So lassen sich die Planungsphasen optimieren und mögliche Probleme mit dem Produkt vorwegnehmen (Ergonomie, Interferenzen, Zugang), wodurch die Kosten für die Produktentwicklung sinken. Die immersiven Technologien erlauben außerdem die Beurteilung alternativer Szenarien sowie eine exponentielle Erweiterung der auswertbaren möglichen Produktkonfigurationen.

SCHULUNG UND SICHERHEIT

Industrielle Maschinen und automatische Fertigungsanlagen werden immer ausgefeilter und komplexer. Ein solches Ausmaß an Technologie erfordert eine gründliche Vorbereitung: Zur Bedienung solcher Anlagen müssen spezialisierte fachliche Schulungen durchgeführt werden, die häufig nur vor Ort an der Anlage möglich sind, wobei eine Vielzahl von Situationen durchgespielt werden müssen, die sich nicht parallel nachstellen lassen (beispielsweise Wartungsvorgänge, die bei stillstehender Anlage auszuführen sind), was mit hohen Kosten verbunden ist. Mit Nutzung der virtuellen Realität können dagegen Personen in simulierten Umgebungen optimal geschult werden, in denen jedes beliebige Betriebsszenario nachgestellt werden kann, und zwar an jedem Ort (dank Mobilgeräten) und bei absoluter Sicherheit. Darüber hinaus ermöglichen moderne Kommunikationstechnologien die Entwicklung von Szenarien zur Zusammenarbeit, in denen mehrere Benutzer gleichzeitig betriebliche Aufgaben in virtuellen Umgebungen ausführen oder per Fernzugriff an Schulungen teilnehmen können.

Die virtuelle Realität ermöglicht aktives Lernen nach dem Prinzip des Learning by doing, was effektiver als herkömmliche Lehrmittel ist. Da zudem eine Auswertung der Handlungen möglich ist, können gleichzeitig eventuelle Mängel in den überwachten Schulungs- oder Betriebsabläufen korrigiert werden.

Eines der Unternehmen, die zur Anwendung der virtuellen Realität in ihrer Geschäftsumgebung mit Forge Reply zusammengearbeitet haben, ist ABB, ein weltweit führendes Unternehmen im Bereich der Energie- und Automatisierungstechnik. Reply hat für ABB eine über das Web nutzbare Software für virtuelle Realität entwickelt, in der alle gesammelten Informationen direkt ausgewertet werden, um die Fähigkeit des Benutzers im Hinblick auf die für eine bestimmte Aufgabe erforderlichen technischen Fähigkeiten zu beurteilen. Das VR-System erstellt ein numerisches Protokoll aller im Rahmen einer Schulungssitzung durchgeführten Vorgänge, was nicht nur im Hinblick auf die Wissensvermittlung, sondern auch für Forschung und Entwicklung Vorteile bietet: Die Software stellt fest, bei welchen Abläufen viele Teilnehmer Schwierigkeiten hatten und erstellt daraus einen Bericht, aus dem die F&E-Abteilung ablesen kann, durch welche Änderungen sie die Bedienbarkeit des jeweiligen Instruments verbessern kann.

UNTERSTÜTZUNG VOR ORT

Der technische Support vor Ort ist ein kritischer Faktor für die Ausführung von Vorgängen wie Einbau, Wartung, Einstellung oder Reparatur von Maschinen und Anlagen in Industrieumgebungen. Diese Vorgänge erfordern häufig eine Entsendung hochqualifizierter Mitarbeiter, um die Techniker vor Ort zu unterstützen, was für die Unternehmen mit hohem Zeit- und Kostenaufwand verbunden ist. Mithilfe moderner Technologien für erweiterte Realität lassen sich diese Prozesse drastisch optimieren: Über spezielle Mobilgeräte oder holografische Anzeigebrillen können die Benutzer vor Ort digitale Informationen (Infografiken, Abbildungen, Videos, 3D-Modelle, Diagramme, Funktionsparameter) an den jeweils fraglichen Stellen über die reale Umgebung legen. Auf diese Weise können die Techniker selbstständig und in Echtzeit am Einsatzort alle technischen Informationen abrufen, die zur Durchführung der vorgesehenen Vorgänge erforderlich sind. Sollte bei komplexen Vorgängen doch die Hilfe eines Spezialisten benötigt werden, kann der örtliche Techniker diese in einer mit erweiterter Realität durchgeführten Assistenzsitzung anfordern. So kann ein über das Netzwerk verbundener Benutzer persönlich den Mitarbeiter vor Ort anleiten und ihn durch gesprochene Anweisungen sowie durch in erweiterter Realität bereitgestellte Informationen durch den Vorgang führen. Alle Abläufe lassen sich außerdem über Videos und Bilder dokumentieren und archivieren, die in Echtzeit während des Eingriffs erstellt werden.

Dank durch erweiterte Realität ermöglichter neuer Verfahren zur Unterstützung vor Ort können die Abläufe der technischen Assistenz verbessert werden, so dass Eingriffe schneller durchgeführt werden können und weniger Kosten für Logistik und Transfers anfallen.